Hier der zweite Teil meines ParisPhoto & Co-Berichts.
Im Musee des Arts decoratifs war eine Ausstellung zum Thema Trompe-l’œil. War einerseits etwas enttäuscht, da ich hier mehr zum Thema Malerei und Fotografie erwartet hätte, andererseits aber auch positiv überrascht, wie weit man das Thema auffassen kann (bis hin zum Linoleum-Fußboden mit Holzdielen-Dekor…). Mittags dann Treffen mit befreundeten Fotografen. Am Nachmitag ging’s dann zunächst zur Fotobuch-Messe Off-Print. Im wunderschönen Ambiente der École nationale supérieure des beaux-arts de Paris (Staatlichen Kunsthochschule) stellten hier etwa 100 Verlage und Herausgeber ihre Produkte aus. Leider war die Halle so überfüllt, dass man kaum an die einzelnen Stände herankam, geschweige denn in Ruhe blättern oder gar mit den Leuten hätte reden können. Daher mein doch recht oberflächlicher Eindruck: ich hatte kaum ein Buch in der Hand bei dem ich sagen würde
„Gut, dass dieses Buch gemacht wurde“. Bei vielen hatte ich eher den Eindruck, sie dienten der Selbstfindung des Autors… Viel Spreu, wenig Weizen.
Schließlich zur Foto-Fever im Carrousel du Louvre. Diese Messe stellt für mich sowas wie die Brücke zwischen der recht experimentellen Photo-Off und der „High-End“-Messe ParisPhoto dar (wobei sie eher am „arrivierten“ Ende liegt). Hier gibt es einerseits viele rennomierte Galerien mit arrivierten Fotografen (Bert Stern, Ansel Adams, Lucien Clergue, Hendrik Kerstens,…), andererseits aber auch viel Neues. Ein Schwerpunk in diesem Jahr lag auf der Erotischen Fotografie – da ist naturgemäß nicht alles nach jedermanns Geschmack. Mein persönliches Highlight waren die aetherischen Bilder der Niederländerin Mirjam Appelhof bei der Unlimited Grain Gallery.
Am Samstag ging es zunächst in die Brassai-Ausstellung im Rathaus von Paris. Wir hatten Glück, mussten nur etwa 20 Minuten anstehen. Diese Ausstellung war – zumindest für mich ein Traum. Es ist einfach faszinierend, auf wie vielen Gebieten dieser Fotograf gearbeitet hat. Auch die Präsentation war sehr gut gelungen, das Licht war – trotz der vielen hochempfindlichen Originale – ausreichend, und man konnte sehr nahe an die Bilder ran.
Anschließend dann zur ParisPhoto im Grand Palais. Und dort schnurstracks zum Stand von Aperture um dort Joel Meyerowitz zu treffen. Kurz nach Messeöffnung war da noch nicht viel los und es war tatsächlich möglich im Rahmen des Book-signings sich mit diesem photographischen Urgestein etwas zu unterhalten (und natürlich eine Widmung in sein Buch „Legacy“ zu erhalten). Er war wirklich total relaxed und man merkte, wieviel Spass es ihm machte über seine Arbeit zu erzählen. Später habe ich mir auch noch meinen Ausstellungskatalog von Sarah Moon signieren lassen 🙂 da war aber soviel Andrang, dass kein Gespräch möglich war.
Ansonsten ist man von dem Angebot der 164 beteiligten Galerien, dem im Laufe des Nachmittags immer stärker werdenden Gedränge und dem immer schwerer werdenden Rucksack nach ein paar Stunden doch so fix und alle, dass einem die Sonderausstellungen im ersten Stock „zu weit weg“ sind und man nur noch an Flucht denkt.
Trotzdem, wer fiel mir auf? Die Serie The Blinding Light des Marokkanischen Künstlers Mounir Fatmi. Die Stillleben von Guido Mocafico bei der Galerie Bernheimer. Die großformatigen Aufnahmen von Sarah Schönfeld von den Kristallen verschiedener Rauschgifte. Die „Martin Heidegger-Serie“ von Stephan Crasneanscki – einfach nur „Wald“ – aber WIE! Bei der Galerie Klaus Kleinschmidt waren Bilder von Alfred Ehrhardt (Kristalle) zu sehen. Konzeptionell beeindruckend die Arbeit von Taiyo Onorato & Nico Krebs, die Mithilfe speziell angefertigter Holzkonstruktionen Gebäude perspektivisch „ergänzten“ (Beispiele).
Ach ja: Warum ist die Welt eigentlich so traurig? Würde man alle Bilder weglassen, auf denen (buchstäblich) Müll herumliegt oder abbruchreife Häuser stehen oder deprimiert dreinschauende Menschen (am besten Jugendliche in Vorstädten), dann wären (gefühlt) etwa 1/3 aller Galerie-Wände leer. Und dabei geht es nicht um – durchaus berechtigte – sozialkritische Fotografie…
Zum Schluss: was hab ich alles NICHT gesehen? Erwin Blumenfeld im Jeu de Paume, Sebastao Salgado im Maison Européenne de la Photographie – die Schlangen davor waren endlos, man hörte von Wartezeiten von bis zu zwei Stunden… und vieles mehr. Aber irgendwann geht eben nichts mehr…
Am Sonntag noch ein kleiner Spaziergang in den Botanischen Garten, das Museum für Paläontologie und vergleichende Anatomie (genial) und in den Zoologischen Garten. In letzterem Rilkes Panther besucht.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.