Diamond – Diamant

Die Sieben Todsünden – The Seven Deadly Sins

Sieben Todsünden: Avaritia - Habsucht, Geiz; Seven Deadly Sins: Greed

Hochmut, Geiz, Völlerei, Neid, Lust, Trägheit und Zorn – immer wieder haben Künstler sich den „Sieben Todsünden“ gewidmet. In meiner neuen Werkgruppe habe ich mich in sorgfältig inszenierten Stillleben mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Meine Fotografien greifen Gestaltungsmuster des siebzehnten Jahrhunderts auf und übertragen sie – oftmals durchaus mit augenzwinkernder Ironie – in unsere Gegenwart.

Von der Selfie-Manie über die Schäppchenjäger-Mentalität zu „All-You-Can-Eat“ finden sich viele Beispiele, wie Verhaltensweisen heute gesellschaftlich etabliert wurden, die durchaus eine Nähe zu den früheren „Todsünden“ zeigen.

Die Arbeiten hinterfragen damit den Wertewandel in unserer Gesellschaft.

Über die persönliche Erfahrung mit den häufig dem Alltag entnommenen Gegenständen wird Nähe erzeugt, während andererseits durch den artifiziellen Charakter der Inszenierung gleichzeitig Distanz ermöglicht wird.

Veränderung und Wandel sind auch die Leitthemen vieler weiterer meiner Werke

Stillleben stehen nur scheinbar still. Immer enthalten sie Ungleichgewichte, verweisen auf ein „davor“

und antizipieren ein „danach“.

Still Life – Vanitas and more

Erwin Geiss: Vanitas - Stillleben - Still Life - Fotografie - Photography

War der bisherige Schwerpunkt seiner Arbeiten im Bereich Street-Photography und historischer Themen angesiedelt, so greift Erwin Geiss bei den Aufnahmen seiner neuen Werkgruppe auf die klassische Stilllebenmalerei des 17. Jahrhunderts zurück. Die subtile Lichtführung, wie auch manche Motive sind dieser Zeit entlehnt, andererseits sind die Bilder nicht einfach „retro“ – es finden sich  immer wieder Anspielungen an die Jetztzeit. So kann man in einem klassisch aufgebauten und ausgeleuchteten Vanitas-Thema zwischen den traditionellen Objekten plötzlich Computer-Lochstreifen oder ausgediente Taschenrechner entdecken. Während einige Werke eine unmittelbare Referenz an den niederländischen Maler Adriaen Coorte (ca. 1665 – 1707) sind, laden andere dazu ein, sich auf die komplexe, hintergründige Symbolik einzulassen. Eine ganze Gruppe von Bildern setzt auf überraschende und spielerische Weise das Thema Symmetrie und Kristallformen um. Nicht nur eine Referenz an das derzeit noch laufende „Internationale Jahr der Kristallografie“, sondern auch ein Hinweis auf den Ausbildungshintergrund des Künstlers: er ist promovierter Geowissenschaftler. „Ich wünsche mir, dass der Betrachter die Bilder liest und möglichst immer wieder neue Zusammenhänge und Bezüge in den Bildern entschlüsselt.  Es sind viele Dinge in den Bildern chiffriert, daher auch der Untertitel „Die Siebte Seite des Würfels“, den ich bei dem von mir sehr geschätzten tschechischen Fotografen Josef Sudek „geborgt“ habe“, sagt der Künstler selbst.

Ein wesentliches Merkmal ist dabei die strikte Umsetzung der Motive im Maßstab 1:1 und der damit verbundene Trompe-l’œil-Charakter der Werke.

(Quelle: Pressetext)

Hommage a Adriaen Coorte

Erwin Geiss Adriaen Coorte Stillleben still life sea shells


Hommage an Adriaen Coorte
In dieser Galerie zeige ich Fotografien von Stillleben, die stark von der Malerei Adriaen Coortes beeinflusst sind.
Stillleben sind eines der klassischen Themen der bildenden Kunst.
Zwar hat sich die Stilllebenmalerei erst im 17. Jahrhundert im Zeitalter des Barocks etabliert. Stillleben im weiteren Sinne gab es aber wohl zu allen Zeiten und in allen Kulturen. Heute stellen Stills auch ein wichtiges und etabliertes Thema in der Fotokunst dar. Mit den Stillleben von Adriaen Coorte beschäftige ich mich schon seit 2008.

Im folgenden ein Auszug aus dem Text von W. Großmann anlässlich der Ausstellung „Erwin Geiss: Stillleben – Die siebte Seite des Würfels“ in der Galerie Edition Camos in München im Herbst 2014:

„Geiss, der in München lebende Fotokünstler/Fotograf durchstreift mit der Kamera in dieser Ausstellung fünf verschiedene Themenkomplexe, welche als exemplarisch für seine systematische Aufarbeitung und zeitgenössischen Deutung des kunsthistorischen Phänomens gelten dürfen: Zunächst sind es Allegorien zu den fünf Sinnen: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen. Es folgt eine Hommage an den niederländischen Stilllebenmaler Adriaen Coorte. welcher zwischen 1665 und ca.1707 lebte. Coorte geriet nach seinem Tod fast 200 Jahre in Vergessenheit. Daran schließt sich ein interessantes Spezialthema über Symmetrien und Kristallsysteme an. Es folgen das klassische Sujet von Blumen und Früchten. Mit drei Werken zum Thema „Vanitas“ wird schließlich ein weiterer fester Bestandteil im historischen Spektrum des Stilllebens aufgegriffen.

Adriaen Coorte

Über Coortes Leben ist nicht viel bekannt. 1952 erschien in den Niederlanden erstmals ein ausführlicher Artikel über den Maler, dem folgte 1977 die erste Monographie mit Werkverzeichnis.
Die Mehrzahl seiner Bilder sind zwischen 1696 und 1705 entstanden. Seine Gemälde zeigen fast ohne Ausnahme Stillleben mit Früchten, Gemüse, insbesondere Spargel, Muscheln, oder einige Vanitas-Stillleben vor dunklem Hintergrund mit hierfür typischen Accessoires wie Öllampe, Kerze, Totenschädel oder Sanduhr. Mit solchen beigefügten, symbolhaften Gegenständen sind gut lesbare Verweise auf die Endlichkeit des Lebens gegeben. Sie sind als Mitteilungen und Ermahnungen zu lesen, die zur Bescheidenheit, zu Mäßigung und Hinwendung zum christlichen Glauben aufrufen sollen.

Coorte war Minimalist. Er beschränkte sich auf die Darstellung weniger Objekte. Den einfach arrangierten Szenen fehlt jegliches opulent schmückendes Beiwerk. Als Beispielhaft kann hier das fotografisch wiederentstandene Stillleben mit zwei Walnüssen gelten. Geiss stellt die beiden Walnüsse auf eine schlichte Platte wie im gemalten Vorbild von Coorte in Originalgröße dar. Vielleicht ist es genau diese Reduktion und Strenge, welche Geiss zum Vorbild für seine fotographische Arbeit verleitet hat. Eindrucksvoll ist ebenfalls die Art und Weise, wie Coorte Licht und Schatten in Szene zu setzen vermochte. Die damals neuen technischen Handfertigkeiten in der Malerei ermöglicht es Coorte, die Objekte naturnah und fast überrealistisch darzustellen und wirken zu lassen. Gegenstände und Früchte erhalten hierdurch eine übersinnliche Ausstrahlung, sie sind Verkörperung von purem Genuss und Wohlstand, Reichtum des Lebens. Beim Betrachten der Bilder kann man Früchte und Gegenstände förmlich riechen, die Bilder strahlen Klänge aus!

Die Hommage an Adriaen Coorte im Medium der Fotografie kann man als kritische Rekonstruktion einer malerischen Szenerie begreifen. Kritisch deshalb, weil Geiss einerseits die Grundregeln der Anordnungen, welche vom jeweiligen Gemälde vorgegeben sind, penibel einhält und gleichzeitig die Möglichkeiten der modernen Fotographie einsetzt und zusätzlich seine persönlichen Eingriffe und versteckten Botschaften subtil installiert.“

So greift Erwin Geiss bei den Aufnahmen seiner neuen Werkgruppe auf die klassische Stilllebenmalerei des 17. Jahrhunderts zurück. Die subtile Lichtführung, wie auch manche Motive (Spargel, Muschel, Nüsse) sind dieser Zeit entlehnt, andererseits sind die Bilder nicht einfach „retro“ – es finden sich immer wieder Anspielungen an die Jetztzeit. Während einige Werke eine unmittelbare Referenz an den niederländischen Maler Adriaen Coorte (ca. 1665 – 1707) sind, laden andere dazu ein, sich auf die komplexe, hintergründige Symbolik einzulassen. Es sind viele Dinge in den Bildern chiffriert, daher auch der Untertitel „Die Siebte Seite des Würfels“, den ich bei dem von mir sehr geschätzten tschechischen Fotografen Josef Sudek „geborgt“ habe“, sagt der Künstler selbst.
Ein wesentliches Merkmal ist dabei die strikte Umsetzung der Motive im Maßstab 1:1 und der damit verbundene Trompe-l’œil-Charakter der Werke.

Stichwort „Wunderkammer“:
Diese kamen in Spätrenaissance und Barock auf. Wunderkammern boten eine Verbindung von Kunstsammlungen und Naturalienkabinetten (Kunst + Naturwissenschaft)
Die Sammlungen bezweckten, den universalen Zusammenhang aller Dinge darzustellen, mit dem Ziel, eine Weltanschauung zu vermitteln, in der Geschichte, Kunst, Natur und Wissenschaft zu einer Einheit verschmolzen.
Einerseits barocke Opulenz, andererseits – besonders bedingt durch Reformation in Niederlanden: Religiöse Themen werden nun nicht mehr unmittelbar sondern durch eine außerordentlich komplexe Symbologie vermittelt.
Erste Globalisierung (Kolonien): Muscheln, Exotika