William Eggleston – Paris

William Eggleston: “Paris” –  Fondation Cartier, Steidl-Verlag, 2009.

Das Buch ist mir vor einiger Zeit in Wien „zugelaufen“, jetzt hatte ich endlich Zeit, es näher anzuschauen. Um es vorweg zu sagen, ich stehe Eggleston recht zwiespältig gegenüber. Einige seiner Bilder finde ich genial, vieles eher überflüssig. Doch dieses Buch ist einfach ein Traum. Hervorragend ausgestattet – ein schwarzer Leineneinband mit eingesetztem Bild auf der Vorderseite. Schönes, schweres Papier, ein excellenter Druck. Rein haptisch und optisch ein Vergnügen.

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Joel Sternfeld: Campagna Romana – 1992

Ein Amerikaner in Italien.

Sehr aufwändig gedruckter Bildband.

Landschaften und Menschen überwiegend in den südwestlichen Vororten von Rom – vor allem entlang des Aquädukts und der Via Appia. Ausklapp-Panoramen über bis zu 5 Bilder – von denen oft jedes Teilbild für sich stehen könnte.

 

Zweimal John Szarkoswky

John Szarkowsky (1925-2007) war Kurator am Museum of Modern Art und Fotograf.

„The Photographer’s Eye“ erschien erstmals 1966 und bezieht sich auf eine von Szarkowsky 1964 kuratierte Ausstellung im MoMA. Die Zeitlosigkeit des Inhalts erkennt man vielleicht schon daran, dass 2009 die vierte Auflage erschienen ist. Das Studium der photographischen Form muss – in den Augen des Autors – die „fine art“ Tradition  und die funktionale Tradition als eng voneinander abhängige Aspekte einer einzigen Geschichte betrachten.  Das fundamental neue und andere in der Photographie im Gegensatz zur Malerei zeigt sich in der – leider kaum übersetzbaren – Formulierung „paintings were made but pictures were taken“. Die technisch immer leichter zu handhabende und immer preiswertere Photographie brachte es mit sich, dass auch immer scheinbar(!) belangloseren Dingen und Menschen fotografische Aufmerksamkeit zu Teil wurde. Erst seit gut 100 Jahren weiß auch der „einfache“ Mensch wie seine persönlichen Vorfahren ausgesehen haben!

Szarkowsky gruppiert die Werke in seinem Buch nicht in zeitlicher Reihenfolge, sondern nach fünf Aspekten, die „die Photographie“ charakterisieren und ein Teil ihres spezifischen Vokabulars darstellen:

  1. „das Ding an sich“
  2. das Detail,
  3. der Ausschnitt
  4. die Zeit
  5. der Aufnahmestandpunkt

Zu 1: die Photographie verändert die Wahrnehmung. Der Fotograf muss nicht nur sein Motiv sehen, er muss sehen, wie sein Motiv auf dem Foto aussehen wird.

Zu 2: Das Foto „erzählt“ keine Geschichte. Es dokumentiert Situationen, deren Zustandekommen der Betrachter mit einer „Geschichte“ erklärt. Indem das Foto Details in den Fokus rückt, weißt es ihnen eine besondere Bedeutung zu, die der Betrachter interpretiert. Wenn Bilder schon nicht als Geschichten gelesen werden können, dann können sie als Symbole gelesen werden.

Zu 3: Der vom Fotografen gewählte Ausschnitt begrenzt die Welt, erzeugt aus dem Kontinuum ein „innen“ und „aussen“. Durch die Wahl des Ausschnitts werden Objekte neu zueinander in Beziehung gesetzt. Für den Fotografen wird die Welt zu einer unendlichen Folge von Ausschnitten (oder Kompositionen).

Zu 4: Es gibt keine „Moment-„Aufnahme. Jedes Foto hat eine endliche (längere oder kürzere) Belichtungszeit. Und es beschreibt nur, was exakt während dieser Zeit geschah. Hierher gehört auch der „entscheidende Moment“ Henry Cartier-Bressons: nicht unbedingt der Höhepunkt einer Situation, sondern der Moment, in dem sich der Fluss aus Formen und Muster zu Balance, Klarheit und Ordnung findet: aus einer Aufnahme wird ein Bild.

Zu 5: Selten kann der Fotograf sein Motiv bewegen, um es ideal aufzunehmen. Meist muss sich der Fotograf bewegen. Er fotografiert von oben, von unten, oft gezwungener maßen zu nah oder zu weit. Dennoch kann er eventuell nicht alles zeigen oder nur aus einer ungünstigen Blickrichtung.

 

„Looking at Photographs“ präsentiert 100 Bilder aus der Sammlung des MoMA. Das Buch begleitete eine Ausstellung von 1973 und ist 2009 in der 8. Auflage erschienen. Das erste Ziel des Buches ist „delection“ wie der Autor im Vorwort schreibt – und diese ist definitiv garantiert. Nicht nur wegen der Bilder aus der gesamten Zeitspanne der Fotografie, sondern auch und besonders wegen der unterhaltsamen, pointierten und informativen Texte, die jedem einzelnen Bild beigestellt sind. So ist das Werk nicht nur eine an den Bildbeispielen festgemachte Kunstgeschichte des Mediums, es ist auch und mehr noch eine Schule des Sehens.

Neapel und der Süden – Pinakothek der Moderne

Bis 26.2.2012 ist in der Neuen Pinakothek noch die Ausstellung „Neapel und der Süden – Fotografien 1846 bis 1900 /Sammlung Siegert“ zu sehen. Wenn man bedenkt, dass die erste Photographie von Niepce im Jahre 1827 angefertigt wurde und das verbesserte Verfahren 1837 von Daguerre  stammt, kann man ermessen, mit welcher Geschwindigkeit das Verfahren sich ausbreitete. Viele verschiedene Methoden kamen zum Einsatz und die Ausstellung bietet dem Phototechnik-Fan einen guten Überblick und unmittelbaren Vergleich. Neapel war damals im touristischen Pflichtprogramm der „Grand Tour“ und die Bilder dienten sehr früh schon als beliebtes Souvenir. Schon damals wurden die gleichen Klischees bedient, die auch heutige Touristen mit dem Süden Italiens verbinden: traumhafte Landschaften, naive Sinnlichkeit, Kleinkriminalität und Spaghetti.

Zur Verbreitung des Klischees dienten häufig inszenierte „Straßenszenen“.

Ganz in der Tradition der Postkartenfotografie steht eine Ansicht des Cafes „Zum Kater Hiddigeigei“(!) auf Capri von Giorgio Sommer (1880). Dieser aus Frankfurt zugezogene Fotograf betrieb eines der wichtigsten Fotostudios in Neapel, von ihm stammt auch der Hauptteil der Exponate.

Für mich viel beeindruckender sind die dokumentarischen Aufnahmen Palermos nach der Einnahme durch die Truppen Garibaldis, eine Bildsequenz vom ausbrechenden Vesuv und schließlich Fotos von den Zerstörungen nach dem Erdbeben 1883 in Casamicciola/Ischia. Ein Schmankerl am Rande: ein Foto der Seilergrotte in Syrakus um 1870 von Giorgio Sommer – fast der gleiche Ausschnitt des selben Motivs ist derzeit zeitgleich nur wenige hundert Meter weiter in der Ausstellung von Renger-Patzsch in der Pinakothek der Moderne zu sehen!

Zur Ausstellung ist ein Katalog beim renommierten Verlag Hatje Cantz erschienen. Leider bringen – trotz anerkannt guter Druckqualität – die Bilder darin den Charme der Originale überhaupt nicht wieder. Man hätte hier auf das glänzende Druckpapier verzichten müssen.

Carl Strüwe – Mikrofotografie als Obsession

Über den – ausgesprochen interessanten – Blog von Timm Starl bin ich auf das Buch „Mikrofotografie als Obsession“ über das fotografische Werk von Carl Strüwe aufmerksam geworden. Die von Gottfried Jäger verfasste Arbeit ist ursprünglich seine Dissertation (manchmal merkt man das auch recht deutlich an einer gewissen sprachlichen Sperrigkeit). Andererseits bietet das Buch einen umfassenden Überblick über das Werk Strüwes (1898 – 1988), nicht nur seine Mikrofotografie, sondern auch seine Bilder zum Themenkomplex Hohenstaufen in Italien, seine Reisebilder aus Nordafrika, wie auch seine Grafiken, Zeichnungen und Gemälde.

Faszinierend sind aber vor allem die Mikrofotografien, die der Fotograf selbst auch jenseits der puren Dokumentation sieht und durch seine Betitelung zeigt, dass es ihm um die Darstellung von Wirklichkeiten jenseits des unmittelbaren Sujets geht. Es sind „Urbilder“ – ein Begriff, den der Fotograf selbst immer wieder verwendet. Hier helfen auch die weitergehenden Erläuterungen Gottfried Jägers, der zum einen das Werk des ihm persönlich gut vertrauten Künstlers in einen weiteren Kontext stellt, gleichzeitig aber auch das Ringen des Fotografen um Anerkennung seines Werkes.

Das Bedauern, dass der Band nicht mehr großformatige Abbildungen des Fotografen enthält, wird allerdings mehr als kompensiert durch das vollständige Werksverzeichnis, das alle(!) Bilder, wenn auch nur im Kleinformat, enthält.